Parlament

Überweisungen im vereinfachten Verfahren

Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 16. Mai 2024, einige Vorlagen zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen:

Schutz von Betriebsräten: Ein Antrag der Gruppe Die Linke mit dem Titel „Demokratie stärken – Betriebsräte vor mitbestimmungsfeindlichen Arbeitgebern schützen“ (20/11151) wurde an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Federführung überwiesen. Aus Sicht der Gruppe versuchen Arbeitgeber zunehmend, Betriebsratswahlen zu verhindern und deren Initiatoren einzuschüchtern. Ihr Ziel seien betriebsrats- und gewerkschaftsfreie Zonen. Betroffene Beschäftigte brauchten deshalb neben Solidarität und Unterstützung gesetzlichen Schutz. Die Linke fordert von der Bundesregierung, das Vorhaben umzusetzen und Betriebsratsbehinderung als Offizialdelikt einzustufen. Sie soll auf die Bundesländer einwirken, Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Verfolgung der Vergehen einzurichten. Außerdem solle ein Melderegister für Betriebsratswahlen analog zum geplanten Verbandssanktionenregister unter Führung des Bundesamts für Justiz als Registerbehörde eingerichtet werden. Dort sollten auch Behinderungs- und Manipulationsversuche erfasst werden, heißt es im Antrag.

Adipositas-Therapie: Die Unionsfraktion fordert für Patienten mit starkem Übergewicht (Adipositas) ein erweitertes Therapieangebot wird im Gesundheitsausschuss weiter beraten. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) seien Ende 2022 knapp 13 Millionen Erwachsene von einer Adipositas betroffen gewesen, heißt es in einem Antrag der Fraktion (20/11384), der federführend im Gesundheitsausschuss beraten werden soll. Mit zunehmendem Übergewicht steige das Risiko für Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes (Typ 2) sowie für Folgeerkrankungen. In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sei ein Anspruch auf stationäre Versorgung inklusive chirurgischer Eingriffe, wie insbesondere einer Magenverkleinerung, zur Adipositas-Behandlung geregelt, wenn die medizinischen und körperlichen Voraussetzungen gegeben sind. Die Entscheidung, ob ein bariatrisch-operativer Eingriff von der Kasse übernommen werde, sei eine Einzelfallentscheidung der Krankenkasse unter Berücksichtigung des ärztlichen Befunds und ausgeschöpfter konservativer Therapien. Seit kurzem seien Präparate auf dem Markt, mit denen Adipositas auch medikamentös behandelt werden könne. Hierzu lägen vielversprechende Ergebnisse bei Privatzahlern vor, heißt es in dem Antrag weiter. Jedoch seien Risiken und Nebenwirkungen dieser Präparate bei dauerhafter Einnahme bislang nicht abschließend erforscht. Eine allgemeine GKV-Erstattung der medikamentösen Therapien sei derzeit ausgeschlossen. Die Abgeordneten fordern, den gesetzlichen Rahmen dahingehend zu prüfen, dass notwendige, zweckmäßige und wirtschaftliche medikamentöse Behandlungen in der Adipositas-Therapie ermöglicht werden. Auch sollte die Forschung und Entwicklung der medikamentösen Adipositas-Therapie, insbesondere zu möglichen (langfristigen) Nebenwirkungen, stärker gefördert werden. Bewegung und gesunde Ernährung sollten ferner in allen Altersgruppen stärker in den Mittelpunkt der Prävention gerückt werden. 

Qualifikation von Bundesministern: Ein von der AfD-Fraktion vorgelegter Gesetzentwurf „zur Sicherstellung der Qualifikation von Bundesministern“ (20/11371) soll ebenfalls ohne Aussprache überwiesen werden. Bei den weiteren Beratungen übernimmt der Ausschuss für Inneres und Heimat die Federführung. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Minister auf Bundesebene werden kann, wer über einen Master- oder Bachelor-Abschluss oder einen gleichgestellten Abschluss oder über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt und mindestens zwei Jahre hauptberuflich tätig war. So ist sichergestellt, so die AfD, dass nicht nur akademische Laufbahnen berücksichtigt werden.

Redezeit: Der Anzeige der Redezeit widmet sich ein AfD-Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (20/11385). Die Vorlage wird im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung beraten. Nach dem Willen der Fraktion soll in der Geschäftsordnung verankert werden, dass die verbleibende Redezeit des aktuellen Redners für alle im Plenarsaal Anwesenden sichtbar eingeblendet wird.

Bundeskanzlerwahl: Ein weiterer AfD-Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (20/11386) fordert die Senkung der Quoren zur Wahl des Bundeskanzlers in Artikel 4 Satz 2 und zum Misstrauensantrag gegen den Bundeskanzler in Artikel 97 Absatz 1 Satz 2. Auch diese Vorlage wurde zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überwiesen. Die Neuregelung sieht vor, dass jede Fraktion im Bundestag berechtigt sein soll, einen Vorschlag zur Wahl des Bundeskanzlers einzubringen sowie die Abwahl des Bundeskanzlers im Rahmen eines konstruktiven Misstrauensvotums zu beantragen. Ziel der Änderung sei, das parlamentarische Regelwerk an die Erfordernisse eines Sechs-Fraktionen-Systems anzupassen.

Abstimmung im Plenum: Ein dritter AfD-Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages trägt den Titel „Transparente und nachvollziehbare Verfahren für die Bürger – Anträge ebenso wie Gesetzentwürfe im Plenum direkt abstimmen“ (20/11387). Die federführende Beratung auch dieser Vorlage übernimmt der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung. Mit diesem Antrag will die Fraktion erreichen, dass bei Anträgen analog zu Gesetzentwürfen die Vorlage und nicht die Beschlussempfehlung des Ausschusses zum Gegenstand der Abstimmung gemacht wird. Zur Begründung heißt es unter anderem, es sei nicht nachvollziehbar, warum Oppositionsparteien aus Sicht der Bürger ihren eigenen Anträgen nicht zustimmen könnten, sondern diese in der Regel ablehnen müssten, da nicht der Antrag, sondern die Beschlussempfehlung abgestimmt wird. 

Amtsausstattung: „Keine Amtsausstattung für ehemalige Bundestagspräsidenten und Bundestagsvizepräsidenten“ fordert die AfD-Fraktion in einem Antrag (20/11388). Die federführende Beratung dieser Vorlage übernimmt ebenfalls der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung. Ehemalige Bundestagspräsidenten und Bundestagsvizepräsidenten sollten dem Antrag zufolge nach dem Ausscheiden aus dem Amt keinerlei Leistungen zur Erfüllung von sogenannten nachwirkenden Aufgaben erhalten. Es sei nicht im Sinne einer vernünftigen und sparsamen Haushaltspolitik, heißt es zur Begründung, Personal, Büros und sonstige Einrichtungen für den „unwahrscheinlichen Fall“ vorzuhalten, dass tatsächlich eine Anfrage aufgrund der früheren Tätigkeit als Bundestagspräsident eingeht.

Beratungszeiten: „Eine doppelte Drei-Tage-Frist bei Beratungszeiten für Gesetzesänderungen für Abgeordnete in Ausschuss und Plenum“ verlangt die AfD-Fraktion in einem weiteren Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (20/11389). Die Vorlage wird im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung beraten. Laut Antrag soll die zweite Beratung von Gesetzentwürfen nicht schon am zweiten, sondern erst am dritten Tage nach Verteilung der Beschlussempfehlung und des Ausschussberichts beginnen. Damit solle die Verdichtung des Gesetzgebungsverfahren für alle Abgeordneten entzerrt werden, um die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beratungsgegenstand zu ermöglichen.

Namentliche Abstimmungen: Mit der Durchführung namentlicher Abstimmungen befasst sich ein weiterer AfD-Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (20/11390). Auch diese Vorlage wurde zur Beratung an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überwiesen. Schriftführer sollen in der Mitte des Plenarsaals oder an anderer öffentlich einsehbarer Stelle, die vom Parlamentsfernsehen übertragen wird, in Urnen die Abstimmungskarten sammeln, die den Namen des Abstimmenden und die Erklärung „Ja“ oder „Nein“ oder „Enthalte mich“ tragen. Die Änderung solle dazu führen, dass zukünftig alle namentlichen Abstimmungen im Parlamentsfernsehen einsehbar sind. Dadurch erlange jeder interessierte Bürger Kenntnis darüber, ob ein Abgeordneter an der Abstimmung teilgenommen hat oder nicht und wie er gegebenenfalls abgestimmt hat, schreibt die Fraktion. Zudem würden Missbrauchsmöglichkeiten reduziert, indem offen sichtbar sei, falls ein Abgeordneter absichtlich oder unabsichtlich mehrere Karten zur Abstimmung eingeworfen hat.

Kirchentage: Darüber hinaus hat die AfD-Fraktion einen Antrag mit dem Titel „Beendigung der Finanzierung der Kirchentage“ ( 20/11391) vorgelegt. Der Haushaltsausschuss übernimmt die Federführung bei den Ausschussberatungen. Katholikentage wie auch Deutsche Evangelische Kirchentage hätten in den vergangenen Jahrzehnten an gesamtgesellschaftlicher Relevanz verloren, heißt es darin. Maßgeblicher Grund dafür sei die einseitige Politisierung dieser Veranstaltungen sowie die Fokussierung auf „Randthemen in zahlreichen ihrer Einzelveranstaltungen“. Die Bundesregierung solle daher bis auf Weiteres keine finanziellen Mittel für die Finanzierung der Katholikentage, der Deutschen Evangelischen Kirchentage sowie der ökumenischen Kirchentage mehr bereitstellen.

Digitale Gewalt: „Nein zum geplanten Gesetz gegen digitale Gewalt“ lautet der Titel eines von der AfD-Fraktion vorgelegten Antrags (20/11392), der ohne Aussprache an die Ausschüsse überwiesen werden soll. Die Federführung bei den Beratungen übernimmt der Digitalausschuss. Die Fraktion verlangt darin unter anderem, das Vorhaben eines „Gesetzes gegen digitale Gewalt“ in der laufenden Wahlperiode nicht weiterzuverfolgen. Die Regierung solle darlegen, worin der Zugewinn bestünde, digital geäußerte Beleidigungen, Belästigungen sowie Bedrohungen gesondert als „digitale Gewalt“ aufzufassen. Auch bei anderen geplanten Gesetzentwürfen solle die mögliche Herausgabe von IP-Adressen durch Anbieter von Telemedien sowie durch Anbieter von Messenger- und Internetzugangsdiensten geprüft und gegebenenfalls auf Fälle der Schwerkriminalität beschränkt werden. Schließlich seien die Möglichkeiten zu prüfen und zu kommunizieren, mit denen Nutzer digitaler Medien bereits jetzt ihre Persönlichkeitsrechte wahrnehmen können.

Spitzensport: Die AfD-Fraktion spricht sich dafür aus, duale Karrieren im Spitzensport weiterzuentwickeln. Ein entsprechender Antrag (20/11394) wurde zur federführenden Beratung an den Sportausschuss überwiesen. Die Fraktion fordert die Bundesregierung unter anderem auf, sich dafür einzusetzen, dass Leistungssport-Vorabquoten für die Vergabe von Studienplätzen festgeschrieben werden. Eine Vorabquote Leistungssport solle mit der Stiftung für Hochschulzulassung für die Numerus-clausus-Studienfächer Medizin, Pharmazie, Tiermedizin und Zahnmedizin vorgehalten werden. Die Fraktion tritt ferner für einfachere Regelungen beim Wechsel des Studienganges und/oder des Studienorts und für eine flächendeckende Kooperation mit Hochschulen als Partnerhochschulen des Spitzensports ein. An den Partnerhochschulen des Spitzensports will sie zusätzlich eine Stelle für einen Leistungssportverantwortlichen festschreiben. Die Stelle solle durch ein Bundesförderprogramm finanziert werden, um einen Anreiz für die Partnerhochschulen des Spitzensports zu schaffen.

75 Jahre Grundgesetz: Die AfD legt einen Antrag mit dem Titel „75 Jahre Grundgesetz – Bewährtes bewahren – Demokratie und Rechtsstaatlichkeit mit neuem Leben erfüllen“ (20/11374) vor, der zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss überwiesen wurde. Dem Antrag zufolge sollen besonders weitreichende Gesetzesvorhaben und völkerrechtliche Verpflichtungen künftig der obligatorischen Volksabstimmung unterliegen. Dem Volk solle außerdem das Recht auf eine Volksabstimmung eingeräumt werden, wenn es mit bestimmten Bundesgesetzen oder völkerrechtlichen Verträgen nicht einverstanden ist. Weiter solle dem Volk das Recht auf eine Volksabstimmung eingeräumt werden, wenn es selbst Gesetze ändern oder erlassen will (Volksbegehren). Dies soll nach dem Willen der Fraktion auch Änderungen des Grundgesetzes umfassen. Die Trennung von Amt und Mandat müsse für Regierungsmitglieder und Bundestagsabgeordnete im Grundgesetz verankert werden. Das gleichzeitige Innehaben von Regierungsamt und Abgeordnetenmandat stelle eine schwerwiegende Durchbrechung des Grundsatzes der Gewaltenteilung dar, schreibt die Fraktion. Sie will die Amtszeit des Bundeskanzlers durch eine Änderung des Grundgesetzes so regeln, dass zukünftig nur noch eine Wiederwahl zulässig ist. Der Bundespräsident solle im Rahmen einer allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl vom Volk gewählt werden. Dafür müsse Artikel 54 des Grundgesetzes entsprechend geändert werden. Die Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten sollen laut AfD künftig von jeder Bundestagsfraktion sowie direkt vom Wahlvolk vorgeschlagen werden können.

DDR-Forschung: Die Fraktion der AfD legt einen Antrag mit dem Titel „Forschungsverbünde zur DDR-Geschichte stärken – Forschungsförderung des Bundes zur Geschichte des Kommunismus, der DDR und der SED wieder aufstocken“ (20/11395) vor. Die Vorlage wird federführend im Bildungsausschuss behandelt. Die Fraktion fordert die Bundesregierung auf, mit Hilfe von Umschichtungen im Bildungs- und Forschungsetat die „Richtlinie zur Förderung von Forschungsvorhaben auf dem Gebiet der DDR-Forschung im Rahmenprogramm Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften“ in der Höhe aufzustocken, dass alle Forschungsverbünde, die positiv begutachtet worden sind und eine Weiterförderung beantragt haben, auch weiterhin bezuschusst werden. Auch solle eine neue Richtlinie zur Fortsetzung der Forschungsförderung zur Geschichte des Kommunismus, der DDR und SED vorbereitet und mit 50 Millionen Euro ausgestattet werden, um diese ab 2025 ohne Förderlücke weiterzuführen.  Schließlich sollten in den Ländern Lehrstühle zur Geschichte des Kommunismus und der Entwicklung (neo)marxistischer Ideen bis in die Gegenwart, der DDR und SED eingerichtet werden, um die Forschung und Lehre in diesem Bereich dauerhaft sicherzustellen.

(irs/vom/16.05.2024)